Taylorismus

Frederick Winslow Taylor (1856 - 1915) widmete sein ganzes Leben dem Wesen der Effizienz in den Betrieben. Er starb 59-jährig angeblich mit einer Uhr in der Hand. In den Betrieben, in denen er arbeitete, standardisierte er Werkzeuge und Maschinen. Mehr als 40 Patente nannte er sein eigen. Er kämpfte gegen "die tagtägliche Vergeudung menschlicher Arbeitskraft durch ungeschickte, unangebrachte oder unwirksame Massnahmen". In seiner Vorstellung verschmolzen die menschlichen und maschinellen Teile zu einem untrennbaren Organismus: zu einem Mensch-Maschine-System, in dem "Arbeiter und Maschine ihren höchsten Nutzeffekt erreicht haben".

Die Zerlegung der Arbeit in immer kleinere Schritte bestimmte und normierte fortan den Takt der Arbeitswelt. Taylors Theorie, so die Encyclopædia Britannica, habe "nahezu jedes Land beeinflusst, das in den Genuss der Vorteile moderner Industrie" gelangte. [aus Markus Dettmer: "Schöne neue Arbeitswelt", Spiegel 26/1999]

Der Taylorismus (Taylor: "Die Grundsätze der wissenschaftlichen Betriebsführung", 1911) macht die folgenden Grundannahmen:

Organisation ist von zentraler Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit von Industriebetrieben.
• Im Unterschied zu technischen Disziplinen erfolgt die Organisation von Industriebetrieben allerdings nicht auf der Grundlage von wissenschaftlichen Untersuchungen.
Organisation von Arbeitsabläufen ist eine Führungsaufgabe hoher Priorität.


Taylor versucht das Wohlergehen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu maximieren, in dem er wissenschaftliche Methoden auf die Unternehmensorganisation und -führung anwendet.


Grundsätze

• Führungskräfte sind wissenschaftlich geschult.
Arbeitsteilung zwischen Führungskräften und Arbeitern erfolgt nach der vorhandenen Qualifikation, insbesondere beteiligen sich auch Führungskräfte an der Leistungserstellung.
• Die Arbeiter werden von den Führungskräften sorgfältig ausgewählt, angeleitet und geschult.
• Es besteht ein herzliches Einvernehmen zwischen den Führungskräften und den Arbeitern.


Merkmale

Effiziente Organisation zeichnet sich nach Taylor durch folgende Merkmale aus:

• hohe Spezialisierung,
• strikte Trennung von Leitungstätigkeit und ausführender Arbeit,
• hohe Standardisierung,
• hohe Formalisierung,
• ergonomische Gestaltung der Arbeitsmittel,
• individuelle, monetäre Leistungsanreize.


Methode

• Arbeitsabläufe werden wissenschaftlich analysiert, z.B. durch Beobachtungen oder Experimente.
• Es werden Zeitstudien durchgeführt.
• Die unter gegebenen Randbedingungen beste Arbeitsmethode für bestimmte Aufgaben wird ermittelt.
• Die Arbeitsabläufe werden in kleine Schritte zerlegt.
• Es wird dokumentiert durch Arbeitsanweisungen, Stück- und Teilelisten, Kostenrechnungssysteme, ...
• Ein Pensum und Bonussystem wird eingeführt.
• Die Stelle eines Funktionsmeisters wird eingeführt, der für die Arbeitsgestaltung in einem festgelegten Bereich zuständig ist.


Kritikpunkte

• Die Atomisierung von Arbeitsprozessen verursacht einen hohen Koordinationsbedarf und vernachlässigt soziale Aspekte menschlicher Arbeit. (Bis 1908 betrug der Arbeitszyklus eines Ford-Arbeiters 514 Minuten, bis er sich wiederholte: Der Monteur schleppte die Teile herbei, beschaffte sich sein Werkzeug, um es gegebenenfalls zu korrigieren und schliesslich das Auto zusammenzubauen. Als das Montageband in Highland Park, zwei Steifen aus Metallplatten von zwei Kilometern Länge, 1915 in vollem Betrieb war, hatte der Mensch seinen Platz am Massenproduktionsband gefunden. Nun betrug der durchschnittliche Arbeitsschritt eines Monteurs 79 Sekunden.)
• Von möglichen Interessenkonflikten wird abstrahiert.
• Durch die aufwendige Analyse und Planung sinkt die Flexibilität (1927 schloss Ford für sechs Monate seine Fabrik, entwickelte ein neues Modell und baute für 200 Millionen Dollar die Produktionsstrassen um, die bis dahin nur eins konnten: Tin Lizzies produzieren. Vor dem Krisenjahr 1927 war einer von Fords gängigen Witzen: "Wir liefern das Modell T in allen Farben, wenn sie nur schwarz sind.")
• Durch die Tendenz zur Bürokratisierung steigen die Verwaltungskosten.